Nö, jetzt nicht.

Selam Welt,

man sagt ja immer, dass es gut ist beschäftigt zu sein. So kommt man nicht auf dumme Gedanken, man verspürt keine Langeweile. Aber in den letzten Wochen habe ich die Langeweile sogar etwas vermisst. Es ist nicht so, dass ich wahnsinnig viel gemacht habe. Ich hätte allerdings einiges machen können und sollen. Bedeutet also, dass ich einen großen Lastwagen voller Aufgaben vor mir sah und deshalb lieber fast gar nichts gemacht habe. Die Aufgaben passten alle nicht in den Anhänger. Sie klopften an die dicken Wände. Später wurde daraus hämmern und schlagen. Ich hörte gemächlich zu, wie die Aufgaben anfingen zu schreien, zu brüllen. Sie wollten unbedingt die Aufgaben der Aufgaben erfüllen und somit Aufgaben sein. Das war irgendwie ihr Ding. Komischerweise war das auch schön. „Nö, jetzt nicht. Ich bin im Urlaub. Auf der Langeweile-Insel. – Nee, sorry. Kann auch nicht einfach heimfliegen. Wegen der Aschewolke, weisst schon.“ – Bis der LKW-Fahrer letztlich ausstieg und die Aufgaben einfach auslud. Sie saßen verdutzt auf dem Gehweg, etwas geblendet vom plötzlichen Sonnenlicht. Aber sie erspähten mich schnell. Sie griffen mich an meinen Schultern, rüttelten. „Du kannst dir jetzt nicht einfach Urlaub nehmen!“ – In meinen Ohren ertönte ein entsetzliches Kreischen. Ich verstand die Aufgaben nicht, ich wollte sie auch gar nicht verstehen. „Hört auf so zu schreien. Ihr spinnt ja wohl. Gleich beschweren sich sicher die Nachbarn!„, sprach ich zu ihnen, als ich nach und nach versuchte ihre schmierigen Hände von meinem Oberkörper zu nehmen. Wie Kletten hingen sie an mir. Verfluchend sah ich dem LKW-Fahrer hinterher, der derweil schon fast um die Ecke gebogen war. Er wird die Dinger also nicht wieder mitnehmen, stellte ich entsetzt fest. Was mach‘ ich jetzt bloß mit diesen vielen Aufgaben, ging es durch meinen Kopf. Es war schwer sich daran zu gewöhnen, denn sie behinderten mich die nächsten Tage wirklich bei all‘ meinen Aktivitäten. Ich war nicht sonderlich aktiv, ich geb’s ja zu. Aber selbst beim Flimmerkasten glotzen klebten sie an mir und fühlten sich augenscheinlich vollkommen erfüllt darin mir so das Leben schwer zu machen. Langeweile wurde irgendwann nervig. Durch die rumhampelnten Viecher konnte ich kaum etwas vom TV-Film mitbekommen. Das Tippen auf einer Computer-Tastatur wurde zur Tortur. „Verdammt nochmal! Was wollt ihr eigentlich, hä?! Hört auf dauernd auf die Tasten zu hauen!„, all‘ meine Schimpferei fruchtete nicht. Sie waren dagegen resistent.

So ging es viele Tage und Nächte. Ja, richtig gelesen. Selbst nachts gaben die Aufgaben keine Ruhe. Kennt ihr die „Raving Rabbids„? Genau so. Dieses Kreischen. Die ganze Nacht. Ich dachte ich werde verrückt, wahnsinnig. Der Schlafmangel schlug direkt in meine Fresse. Was blieb mir anderes übrig als mich letztendlich zu beugen? – Dabei habe ich diese Nervensägen gar nicht bestellt… der LKW-Fahrer muss sich wohl in der Adresse geirrt haben.

„Ich fragte eine Schnecke,
warum sie so langsam wäre.
Sie antwortete, dadurch hätte sie
mehr Zeit, die Welt zu sehen.“

Wolfgang J. Reus

Kommentare 2

  1. Tolle Geschichte! 😉
    Wobei es ja leider gar keine Geschichte ist, sondern Realität. Aber ich hab ein lustiges Bild im Kopf, wenn ich an deine Raving-Rabbids-Aufgaben denke. xD

  2. Geht mir genauso. Herrlich!
    Ich bin Großmeisterin des Verschiebens, und wo ich dem so langsam aus Sachzwängen ein Ende setzen muss, werde ich mir jetzt sagen: komm, greif dir eins dieser Häschen – teile und herrsche! Daaaaaah! ^^

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